Lenhardt lästert

20.1.08

Wie ich lernte, den Master Chief ansatzweise wieder zu lieben



Ich hatte mir deshalb eine Jahresbestenliste für Spiele verkniffen, weil ich 2007 nur einen Bruchteil der A-Titel gespielt habe. Meine Liebe zu Bioshock ist bekannt, über Weihnachten konnte ich mich auch in die Schar der Portal-Lobeshymnenschreiber einreihen (Half-Life 2 Episode 2 ist auch gelungen, kauft also endlich diese Orange Box). Call of Duty 4 finde ich gut, wenn auch nicht so exorbitant brillant, wie es dessen Verkaufszahlen vermuten lassen könnten. Die Einzelspieler-Kampagne ist spektakulär gemacht, die Krieg- und Krisenherd-Stimmung für meinen Geschmack aber zu gut getroffen und anstrengend, um als Feierabend-Entspannung zu taugen.

Da lobe ich mir doch einen relativ gemütlichen SF-Krieg wie den von Halo 3. Das Xbox-Debütspiel war klasse, doch bei Teil 2 hatte ich mittendrin aufgehört. Die Story wurde einfach zu blöde und die Fokussierung auf Online-Spielmodi war für mich kein ausreichender Ersatz. Halo 3 fängt schon einmal damit an, dass nur Fan-Boys durchsteigen, um was es überhaupt geht. Eine kurze „Was bisher geschah“ Storynachhilfe wäre nach drei Jahren Halo-Pause nett gewesen. Tröstlich, dass selbst intime Kenner der Materie nicht nachvollziehen können, warum da der Master Chief auf einmal vom Himmel fällt.

Die ersten paar Spielstunden laden fast zum Gähnen ein, denn die Ballerei ist gepflegt, spielt sich aber wie eine hochauflösende Halo-Wiederholung. In der zweiten Hälfte der Kampagne gibt es dagegen reichlich aufregende Momente, coole Waffen und Vehikel, einige der fettesten Explosionen der Videospielgeschichte, eine atemberaubende Luftschlacht… nur bei der Story habe ich alle Mitdenkversuche eingestellt. Wer wann warum mal Gut oder Böse ist, geht am Betrachter weitgehend vorbei. Trotz alledem ist der Schluss dann doch irgendwie rührend (wehe dem, der den Abspann nicht zu Ende anguckt).

Statistisch gesehen hat etwa jeder zweite Xbox-360-Besitzer Halo 3 gekauft. Bemerkenswert für ein System, dem es nicht an guten Shootern mangelt. Wer keine übertriebene Erwartungshaltung an Story-Plausibilität und Design-Innovationen hat, kann nach dem Durchspielen verstehen, warum. Halo 3 sorgt für eine gute Zeit, ist nicht zu komplex oder schwierig, hat gut dosierte „Woah!“-Stellen und ist schön anzusehen. Ich weiß, der wahre Fan tummelt sich in Multiplayer-Partien, aber bevor ich mir das Leiden in den WoW-Battlegrounds nicht abgewöhnt habe, werde ich kaum dazu kommen.

Also Master Chief, bis zum nächsten Mal, vielleicht dann mit einem anderen Entwicklungsstudio. Nach dem Split von Bungie und Microsoft vermute ich mal die Halo-Serienrechte bei letzterem Elternteil verbleibend, was der Serienzukunft nicht unbedingt schaden muß.